3. Zeit der französischen Revolution 1793 - 1815
4. Das Neunzehntes und zwanzigstes Jahrhundert
1. DAS MITTELALTER
Während des hohen Mittelalters war Gemert ein Teil vom
Herzogtum Brabant, einem der siebzehn niederländischen Herrschaftsgebiete. Zum
grössten Teil gehörten die Niederlande damals dem Deutschen Reich. Einige
Territorien (zum Beispiel die Grafschaft Flandern) gehöhrten dem französischen
Königreich. Gegen Ende der Kreuzzüge kamen die Ritter des deutschen
Ordens hier in Gemert. Das war um 1220. Der deutsche Ritterorden
glaubte während der Kreuzzüge - genau wie der französische Templerorden und die
italienische Johanniter - eine religiöse Aufgabe zu erfüllen: im Heiligen Land
die Christen von der Tyrannei der Araber und der Heiden zu befreien. Anfangs
hatte man Erfolg: Im Jahre 1099 wurde Jerusalem erobert. Nach zwei Jahrhunderte
aber wurden die europäischen Ritter aus Palestina fortgejagt. Die Ritter des
deutschen Ordens kamen in die deutsche Länder zurück. Vom Kaiser erhielten sie
viele Herrengüter. Die Mehrzahl ihrer neuen Eigentümer befanden sich in
Ostpreussen und in Polen. Hier wollten sie die Heiden das Christentum bringen.
Es gab aber auch Herrengüter des deutschen Ordens in West-Europa. Im heutigen
Belgien waren das: Bilzen und Sankt Pietersvoeren. Im Westen Deutschlands: unter
anderem: Ramersdorf bei Bonn und auch in eurer Gegend gab es Herrengüter des
deutschen Ordens: in der Umgebung von Osnabrück und in der Nähe von Münster. In
Brabant waren das u.a. Vught (bei Herzogenbosch) und Gemert. Gemert wurde also
um 1220 ein Herrengut des deutschen Ordens. Im Jahr 1271 wurde die besondere
Situation von Gemert von Johann der erste, Herzog von Brabant anerkannt:
Gemert war ein mehr oder weniger ein selbstständiges Herrengut;
unabhängig vom Herzogtum Brabant und den Niederlanden. Im deutschen Ritterorden
gab es keine Trennung von religiösem und politischem Bereich. Die Ritter, die
meistens auch Geistliche waren, kannten nicht die Liebe zur Armut. Sie
verzichteten also nicht auf Macht und Besitz. Im Gegenteil! Im 14. Jahrhundert
tobte ein richtiger kleiner Krieg hier in Gemert. Es ging um Macht und Besitz,
zwisschen einem Ritter aus Gemert und seinen Angehörigen auf der einen Seite und
die deutschen Ritter auf der anderen Seite. Mit einer Urkunde aus dem Jahre 1363
wurde der Sieg der deutschen Ritter bestätigt. Zahlreich waren die Aktivitäten
der deutschen Ritter in ihrem Herrengut Gemert. Um 1400 haben die Ritter das
Schloss und die Kirche bauen lassen. Vielleicht kan man das 15. Jahrhundert in
Gemert ein goldenes Zeitalter nennen. Es blühten Landwirtschaft, Handel und
Unterricht. Im Jahre 1437 wurde die selbstständige
Pfarrei Gemert gegründet. Vorher gingen die Gläubigen aus Gemert im benachbarten
Bakel zur Kirche. Ab 1437 hatte Gemert also sein eigenes Kirchspiel (oder
Pfarrbezirk). Diese neue Situation wurde von einer päpstliche Urkunde bestätigt.
Zu jener Zeit entwickelte sich das Dorf Handel, Teil des Gemertschen Herrenguts
des deutschen Ordens, zu einem berühmten Wallfahrtsort der heiligen
Jungfrau. Ob das Zufall war? Hunderte und hunderte von Pilgern
besuchten alljährlich diesen Wallfahrtsort. Wallfahrt heisst auch Wohlfahrt.
Gemert ging es gut und dem deutschen Orden ebenfalls. Laut einer Zählung der
Feuerstätte, die im Jahre 1437 in Brabant stattfand, gab es damals in Gemert 243
Herde/Feuerstätte. Daraus lässt sich schliessen, dass Gemert damals etwa 1250
Einwohner hatte. Zum Vergleich: Herzogenbusch war damals eine Grossstadt met
20.000 Einwohnern.
Der später berühmte
Georg Macropedius, wurde gegen Ende des 15. Jahrhunderts - im
Jahr 1487 - hier in Gemert geboren. Er hiess damals Joris van Lancvelt. Er wurde
ein berühmter Lehrer in Latein, Griechisch, Musik und Mathematik. Er verfasste
auch Dramen und schrieb Schulbücher. Er wurde Rektor der städtischen Schule in
Herzogenbusch. Später war er Rektor zu Lüttich und um 1530 wurde er Rektor der
besten Schule der Niederlande in Utrecht. Sein Ruhm verbreitete sich nicht nur
in den Niederlanden: im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert war er im ganzen
Deutschen Reich bekannt. Das war vor Allem wegen seiner Dramen, die in vielen
deutschen Städten aufgeführt wurden. Eine andere Berühmtheit aus Gemert war
Laurens Torrentinus. Im sechzehnten Jahrhundert war er der
berühmte Buchdrucker vom Herzog von Florenz, Cosimo de Medici. Es gab mehrere
andere Jungen die in Gemert geboren wurden, hier und in Herzogenbusch studierten
und an den Universitäten von Löwen oder Köln weiter studierten und später
wichtige Männer wurden in Herzogenbusch, in der wichtigen Handelsstadt Antwerpen
oder in der Hauptstadt von Brabant, Brüssel.
2. DIE NEUZEIT, 1500-1800
Gemert war also ein mehr oder
weniger unabhängiges Herrengut des deutschen Ordens. Das was
auch so in der Zeit des Karl des Fünften. Nach seiner Herrschaft über den
Niederlanden (und dem deutschen Reich) wurde sein Sohn, Philip der zweite, Herr
der Niederlande (und König von Spanien). In seiner Zeit entstand ein Aufstand
gegen Philip den Zweiten: "der achtzigjährige Krieg". Dieser Aufstand fing im
Jahre 1568 an und fast 80 Jahre tobte der Krieg gegen die Spanier. Gemert war
neutrales Gebiet. Zum grösseren Teil blieb Gemert das Elend des Krieges erspart.
Viele Leute aus der Umgebung flüchteten hierher. Zu jener Zeit - um genau zu
sein - im Jahr 1587 wurde in Gemert eine Lateinische Schule
gegründet: eine Art Gymnasium, an dem man seine klassischen Studien machen
konnte. Viele junge Leute aus Gemert und andere Teilen Brabants haben hier
studiert. Die Schule war eine der drei grössten im Norden Brabants. Die meisten
Jungen setzen ihre Studien nachher fort an der Universität von Löwen oder Köln.
Noch ging es gut mit Gemert. Die Niederlande aber spalteten sich. Der Norden
entwickelte sich zu einem unabhängigen Staat: die Republik der Sieben
Vereinigten Niederlande. Das war bei dem Westfälischen Frieden: Der
Frieden zu Münster in 1648. Da wurden die aufständische Niederlande vom
spanischen König als ein unabhängiger Staat anerkannt. Der Süden der Niederlande
aber blieb unter spanischer Gewalt. Somit wurde auch das katholische Brabant
gespaltet. Die südliche Gebiete um Antwerpen und Brüssel blieben spanisch. Die
nördlichen Gebiete vom katholischen Brabant wurden der holländischen
protestantische Republik angegliedert. Künftig wurde der Norden von Brabant
direkt von Den Haag aus regiert: Jede der sieben Vereinten Provinzen hatte seine
eigene Verwaltung, nur Nord-Brabant (und Limburg) wurde das nicht gestattet.
Nord-Brabant (und Limburg) war katholisches und erobertes Gebiet. Zwar war Gemert ein
unabhängiges Gebiet, Herrengut des deutschen Ritterordens, aber in 1648
versuchte die holländische Republik Gemert zu annektieren. Ein
holländisches Heer besetzte Gemert und die evangelische Religion wurde hier
aufgezwungen. Die Bevölkerung von Gemert und der deutsche Ritterorden
widersetzten sich. Hilfe wurde vom Kaiser des deutschen Reiches geleistet und
auch der spanische König unterstützte die Unabhängigkeitsansprüche von Gemert.
Nach vierzehn Jahre und viele Prozessen wurde Gemert im Jahre 1662
wieder selbstständig. Das konnte allerdings erst geschehen
nachdem die Einwohner von Gemert den holländischen Generalstaaten nicht weniger
als 40.000 Goldstücke bezahlt hatten. (Damals so wie heute liess sich Vieles mit
Geld regeln in Holland!) Die Unabhängigkeit wurde aber nur unter der Bedingung
wiederhergestellt dass - neben dem herrschenden Katholizismus - auch der
Protestantismus in Gemert zugelassen sei. Und das geschah. Das war etwas
Ausserordentliches in den damaligen Niederlanden: Zwei verschiedene
Religionen gesetzlich erlaubt. Diese Situation blieb bis zur Zeit der
französischen Revolution.
3. GEMERT ZUR ZEIT DER
FRANZöSISCHEN REVOLUTION
Im
Jahre 1789 war der Ausbruch der franzözische Revolution. Vier Jahre später wurde
der König enthauptet und Frankreich wurde eine Republik. Viele Adlige und
Geistliche entflohen dem Land. Nach Deutschland, England und in die Niederlande.
In Gemert kamen auch Emigranten an: der Bisschof von Châlons sur Marne,
Monseigneur Clermont de Tonerre. Bei Ihm waren seine Kusine,
die Gräfin De Banaston und eine Frau namens Anne Christine Bonnet. Im Jahre 1792
wohnten sie im Schloss von Gemert. Noch immer war Gemert ein Herrengut des
deutschen Ritterordens. Es gab zu jener Zeit 3500 Einwohner. Im Februar 1793 kam
eine französische revolutionäre Armee in die Niederlande. Die Soldaten brachten
die neue franzözische Freiheit und Gleichheit. Einige Einwohner von Gemert
freuten sich wegen der französischen Anwesentheit: Bauern, Kleinbürger, Arbeiter
und Studenten der Lateinischen Schule. Es war am Freitag dem ersten März
1793 als die Franzosen hier eintrafen. Die französischen Emigranten
waren schon geflohen. Die deutsche Ritter und die Verwaltung von Gemert
ebenfalls. Es wurde ein 'Freiheitsbaum' auf dem Marktplatz errichtet, dem
heutigen Ritterplatz (Ridderplein). Er wurde mit Rot, Weiss und Blau geschmückt.
Das waren die Farben der Revolution. Unter franzözischer Aufsicht tanzten 1500 Einwohner von Gemert Hand
in Hand rund um den Freiheitsbaum. Die Privilegien der Adligen
und Geistlichen (also des deutschen Ritterorden) wurden
aufgehoben in Gemert. Vielen fühlten sich frei; ins besondere
die Bauern, Studenten, Kleinbürger und Arbeiter. Die reiche Bürgerschaft war
weniger froh. Der Inhalt der Gemertschen Gemeindekasse wurde von den Franzosen
geraubt: 1595 Goldstücke. Nur ein Groschen wurde der Verwaltung überlassen als
die revolutionären Soldaten weiter zogen! Einige Tage später zog ein
Holländisches Heer in Gemert ein: der Freiheitsbaum wurde vom Marktplatz
entfernt und Gemert kam wieder under die Verwaltung des deutschen Ritterordens.
Ende 1794 kamen die Franzosen noch einmal in die Niederlande. Fast 20 Jahre lang
wurde Gemert, genau wie der Rest der Niederlande (und das deutsche Rheinland)
besetzt. In 1807 wurde der deutsche Ritterorden von Napoleon aufgelöst. Seine
Eigentümer verfielen Frankreich zu. 1810 wurden die Niederlande eine Provinz des
franzözischen Keiserreiches. In dieser Zeit war Gemert immer noch ein wichtiger
Ort. Es war die 'Hauptstadt' des vierzigsten Bezirks vom Departement
de la Ruhr und hatte einen eigenen
Gerichtshof der niederen Gattung. Hier wurde - in franzözischer Sprache - für
die ganze Region Recht gesprochen. Als die Franzosen in 1814 verjagt wurden, und
Napoleon 1815 edgültig geschlagen war, entstand das Vereinte Königreich der
Niederlande (Belgien und Holland zusammen). Gemert wurde ein normaler
Teil der Niederlande.
4.
DAS NEUNZEHNTE UND ZWANZIGSTE JAHRHUNDERT
Während der Periode des Vereinte Königreiches (Holland und
Belgien zusammen) - 1814-1830 - wurde vom König Wilhem dem I. vieles zur
Erhebung des Wohlstandes des Königreichs und seine Einwohner geleistet. Wilhelm
bewirkte das ein Kanal vom belgischen Lüttich nach Herzogenbusch gegraben wurde:
In weniger als fünf Jahren wurde dieses Kanal von 125 kilometer Länge gegraben.
Es wurde De Zuidwillemsvaart (Der südliche Kanal des Wilhelms) genannt. Schiffe
führten Steinkohlen und rohes Eisen aus Belgien über den Kanal zu. Im
benachbahrten Beek en Donk (fünf Kilometer westlich von Gemert) und in Helmond
(zehn Kilometer südlich von Gemert) entstand Industrie. Gemert aber hatte von
diesem Kanal keine Vorteile. Im Jahre 1830 lehten die Belgier sich auf. Der
protestantische König Wilhelm I sollte angeblich den Interessen der katholischen
Belgier zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben. Die Niederlande spalteten sich
von Neuem und Belgien wurde ein unabhängiger Staat. In Nord-Brabant
sympathisierten viele Katholiken mit den aufständischen Belgiern. Auch in Gemert
gab es einige Sympathiekundgebungen für die Belgier.
Seit dem sechzehnten
Jahrhundert gab es in Gemert viele Weber. Im siebzehten und
achtzehnten Jahrhundert wurde hier viel Webearbeit im Auftrag von reiche
Kaufleute aus Holland geleistet. Das war wegen der relativ geringen Löhnen in
Nord-Brabant. Anfangs des neunzehten Jahrhunderts gab es Hunderte von
heimarbeitenden Weber in Gemert. Während der Periode des Vereinten Königreiches
liessen sich hier einige Textil-unternehmer aus Belgien und dem benachbahrten
deutschen Rheinland nieder. In einem Teil des Schlosses kam ein Textilfabrik!
Der wichtigste Fabrikant wurde Johann Theodor Prinzen. Er kam
aus der Umgebung von Mönchen-Gladbach. Aus dieser Gegend kamen auch einige
seiner engsten Mitarbeiter. Eine grosse Anzahl der Gemertschen Einwohner - etwa
ein Drittel der erwachsene Männer - war Weber. Hunderte von Ihnen arbeiteten zu
Hause am Webstuhl im Auftrag von Unternehmern wie z.B. Johann Prinzen. Leinwand
war das wichtigste Produkt. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts gab es
viel Armut. Nicht nur in Nord-Brabant, auch in anderen Teilen West-Europas, wie
zum Beispiel in Irland und im deutschen Schlesien war das der Fall. Die Gehälter
der Weber waren ziemlich niedrig. Und im Jahre 1849 ging ein
Gerücht von Lohnsenkung in Gemert um! Nachdem sie protestiert hatten gegen die
niedrigen Löhne und gegen die Verplichtung im Laden des Unternehmers ihre
Einkäufe machen zu müssen, wurde gestreikt. [Wenn mann seine Einkäufe nicht dort
machte, bekam mann keine Arbeit! Und die Waren in den Läden der Fabrikanten
waren um 15% teurer als in den sonstigen Läden.] Als der Bürgermeister einige
Führer der Weber festnehmen liess, brach die Hölle los. Ein richtiger Aufstand der
Weber brach aus. Die Wohnungen der Fabrikanten wurden angegriffen, die
Fensterscheiben kaputt geschmissen und Webstühle wurden zerstört. Der
Bürgemeister und die Unternehmer standen Todesangst aus. Das war am Freitag den
9.Februar 1849. Die Reaktion der Behörde war hart. Zwei Tage später rückte eine
Abteilung des Heeres aus Herzogenbusch in Gemert ein. Der Ort wurde während
einer Periode von zwei Monate besetzt und bei vielen Einwohner wurden Soldaten
einquartiert. Eine Anzahl von Webern wurde festgenommen und verurteilt. Dieser
Aufstand der Gemertschen Weber ähnelt sich mehr oder weniger dem Weberaufstand
in Schlesien. Über diesen Aufstand had der deutsche Dramatiker Gerhart Hauptmann
später sein berühmtes Sozialdrama Die Weber verfasst. Und der noch viel
berühmtere Dichter Heinrich Heine das Gedicht Die Schlesischen Weber:
"Deutschland, wir weben dein Leichentuch Wir weben hinein den
dreifachen Fluch - Wir weben, wir weben!..."
Das neunzehnte Jahrhundert war eine Zeit von
Rückgang und Armut in Gemert. Der Kanal kam nicht durch
Gemert. Die Eisenbahn kam nicht durch Gemert. Die Strasse von
Herzogenbusch nach Köln kam nicht an Gemert vorbei. Dadurch entstand hier
fast keine neue Industrie. Das geschah wohl im benachbahrten Beek en Donk, in
Helmond und in Eindhoven. Immer meht Leute verliessen Gemert in der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts. Im Jahre 1860 hatte Gemert noch 5000 Einwohner. In 1890
waren es nur noch 4400! Viele Häuser standen leer. Anfangs des 20. Jahrhunderts
waren in Gemert noch 800 Webstühle in Betrieb. Es gab also noch viel
Heimarbeit. Aber es wurde immer mehr Textil produziert in den
Fabriken. Es gab zwei relativ kleine Textilfabriken in Gemert und viele grosse
Fabriken in Helmond. Viele Arbeiter aus Gemert arbeiteten in Helmond oder auch
in Beek en Donk in der Drahtnagelfabrik der Familie Van Thiel. In Gemert gab es
um 1900 auch einige kleine Zigarrenfabriken und eine grosse Fabrik für hölzerne
Fässer. Übrigens, im Jahre 1906 haben die Weber einer Gemertschen Textilfabrik
noch einmal gestreikt. In den dreissiger und vierziger Jahren gab es wieder viel
Arbeitslosigkeit und Armut in Gemert. Auch die Bauern, immerhin
ein Drittel der Bevölkerung, haben in diesen Jahren viel gelitten. Während des
Zweiten Weltkrieges wurden die Niederlande vom nazionalsozialistischen
Deutschland besetzt. Beim Einmarsch der deutschen Truppen, am 11. Mai
1940, wurde im Zentrum von Gemert um das Schloss gekämpft. Viele Leute wurden
von den Deutschen in Geiselhaft genommen und auf den Marktplatz zusammen
getrieben. Das Schloss wurde in Brand geschossen und teilweise zerstört. In der
Besatzungszeit waren viele Einwohner aus Gemert verpflichtet zu arbeiten auf den
deutschen Flugplätzen in der Umgebung: Volkel (zehn Kilometer nördlich von
Gemert) oder Eindhoven. Andere wurden gezwungen in Deutschland Arbeitsdienst zu
leisten. Die Widerstandsbewegung war auch hier ein wenig aktiv. Einige Einwohner
die vielfach mit der deutschen Besatzung mitarbeiteten, wurden von dem
Widerstand erschossen. Aus Rache wurden dan einige andere Einwohner von Gemert
von den Deutschen in Konzentrationslager versetzt oder erschossen. Im oktober
1944 wurde Gemert von den Engländern befreit.
Nach dem
zweiten Weltkrieg ging es vorwärts mit Gemert. Anfangs gab es noch Probleme um
etwa hundert Familien aus Indonesien zu beherbergen. (In 1949 wurde die
Niederländische Kolonie Ost-Indien unabhängig und viele Niederländer und
Indische Niederländer kamen zurück in die Heimat. Sie brauchten aber auch
Wohnungen und Arbeit.) Wie in Deutschland gab es auch in den Niederlande in den
fünfziger und sechziger Jahre ein Wirtschaftswunder. Auch
Gemert hat davon profitiert. Vieles geschah zur Erhebung des Wohlstandes. Gemert
wuchs. Viel mehr noch aber wuchsen Deurne, Veghel, Uden und Helmond. Die
Textilindustrie wurde ein blühendes Geschäft, ging abwärts ter und konnte sich
schliesslich - mit Hilfe der europäischen Gemeinschaft - modernisieren. Die
grösste Industrie in Gemert wurde eine Fabrik von Isolationsmaterialien: mehr
als 600 Leute finden hier ihre Arbeit. Auch die Landwirtschaft in Gemert litt an
Wachstumsfieber. Hier wurden die Grenzen des Wachstums sogar überschritten und
heutzutage muss die Landwirtschaft - nicht nur in Gemert sondern in ganz
Nord-Brabant - ein Wenig zurück. Das gegenwärtige Gemert ist
nicht mehr eines der wichtigsten Orten in Nord-Brabant. Es hat nur fast 19.000
Einwohner. Zusammen mit dem benachbarten Bakel hat die Gemeinde Gemert-Bakel
27.000 Einwohner. Gemert hat aber eine sehr interessante Geschichte. Ausser dem
Schloss, der Kirche, einige Bauernhöfe und Wohnungen der reichen Bürgerschaft
und ein reiches Archiv ist nicht vieles aus der Vergangenheit übriggeblieben.
Seine Wohlfahrt aber war nie so gut wie heute.
(C) 1998
dr. Henk
Giebels