I. Teil: Leben und Arbeit in Gemert und Herzogenbusch
in Lüttich
in Utrecht
II. Teil: Macropedius als Verfasser von Schulbüchern
III. Teil: Seine literarische Tätigkeiten
Soeben haben Sie ein Lied gehört das im Jahre 1551 von Georg Macropedius
komponiert worden ist. Unsere Schule verdankt ihm seinen Namen.
Wer war dieser Macropedius ?
Er war, wie Sie jetzt also wissen, ein Komponist aus dem sechzehnten
Jahrhundert. Und er war Dichter. Er war aber auch Schulleiter in Herzogenbusch, in Lüttich und in Utrecht und hat
viele Schulbücher geschrieben. Macropedius aber dankt seinen Ruhm vor
allem seinen zwölf Dramen die im sechzehnten Jahrhundert im Deutschen
Reich und in den Niederlanden oft gedruckt und gespielt worden sind. Damals
gehörte Macropedius zu den berühmtesten Humanisten seiner Zeit.
In einem Buch aus dem Jahre 1565 über die berühmtesten Männer des deutschen Reiches (geschrieben vom Schweizer Heinrich Pantaleon) wird Leben
und Werk von Macropedius beschrieben. Dazu wird noch ein - zwar phantasiertes - Porträt von ihm abgebildet.
Und in 1572 veröffentlichte Philips Galle zu Antwerpen ebenfalls ein Buch über die
berühmtesten Männer Europas. Zwischen Dante und Erasmus befindet sich
dort das Bild von Macropedius !
Wer war Macropedius ?
Der Mann wurde vor mehr als 500 Jahren geboren, hier in Gemert. In dieser Vorlesung möchte ich etwas über Macropedius erzählen. Über seine
Persönlichkeit, seine Bedeutung für das Schulwesen in den Niederlanden,
seine literarische Tätigkeit und über seinen Ruhm als Dramatiker im Deutschen
Reich des sechzehnten Jahrhunderts.
I. Teil. MACROPEDIUS, SEINE PERSON UND SEINE SCHULARBEITEN
Im Jahre 1487 wurde Macropedius also in Gemert geboren, vielleicht geschah das
am 23. April. Das war der Namenstag des Heiligen Georgs.
Unsere Kleinstadt hatte am Ende des Mittelalters etwa 1500 Einwohner. Im Zentrum
lag das hundert Jahre vorher von dem Deutschen Ritterorden gegründete
Schloß, das heute noch immer einen großen Eindruck auf den Besucher
macht. (Sie werden das Schloß heute nachmittag besuchen.)
Macropedius hieß damals Joris van Lanckvelt. Sein Großvater, Andries van
Lanckvelt war ein uneheliches Kind des adligen Goyart van Lanckvelt. Dessen
Bruder war Haupt der Stadtverwaltung: der adelige Schultheiß (schout) von
Gemert. Die Mutter des Macropedius, Hadewich van Lanckvelt, hat ihm seinen
Familiennamen: Van Lanckvelt gegeben. Die Familie der Hadewich van
Lanckvelt und ihres Ehemannes Willem Aert Jan Truyen hatte drei Kinder:
einen Sohn, namens Joris, und zwei Töchter, Cornelia und Barbara.
Joris van Lanckvelt ist hier in Gemert einige Jahre lang Schüler der Elementarschule gewesen und hat damals vom Pfarrer Jacobus Marsmann Unterricht
bekommen: Lesen, Schreiben und Singen hat er dort gelernt, und wahrscheinlich auch ein wenig Rechnen und Lateinisch. Damals hatte Gemert noch
nicht sein Gymnasium. Das wurde erst 1587 gegründet (und vor etwa 30
Jahren wieder liquidiert). Als Joris van Lanckvelt neun oder zehn Jahre alt war,
verließ er Gemert um sich in Herzogenbusch niederzulassen.
Diese Stadt mit ihrer berühmten Johannskirche war damals eine Großstadt mit lebhafter wirtschaftlicher Geschäftigkeit. Zu jener Zeit lebten dort etwa zwanzigtausend Menschen. Der Maler Jheronimus Bosch war einer von ihnen. In Herzogenbusch hatte die Familie van Lankcvelt Verwandte und wahrscheinlich lebte Joris van Lanckvelt bei ihnen. Später wohnte er in einem der drei Häuser der Brüder vom Gemeinsamen Lebens in der Stadt, drei Häuser nach den Vermögensverhältnissen der Schüler: divites, meliores und pauperes.
Joris ging in die Kapittelschule, die zu der dortigen Johannskathedrale gehörte. Die Schule in Herzogenbusch, im Jahre 1425 gegründet, hatte nach den sieben freien Künsten sieben Klassen für den Unterrichtsgang. Die Disziplin dort war sehr streng und hatte einen asketischen Charakter. Einige Jahre zuvor hatte der berühmte Erasmus von Rotterdam auch diese Schule besucht und sich später über ihre Härte beklagt. Pflichtmäßige Frömmelei widerte ihn an. Erasmus erklärte, daß seine Lehrer in Herzogenbusch schwache Kenntnisse gehabt, den Stock aber mit großer Ausdauer geführt hätten.
(Beide Sachen haben sich in unsere Schule selbstverständlich völlig in das Gegenteil verwandelt !)
Wir wissen nichts über die Erlebnisse von Joris van Lanckvelt in dieser Schule.
Bekannt ist, daß er, nachdem er sein Studium vollendet hatte, in die
Genossenschaft der Brüder vom Gemeinsamen Leben in Herzogenbusch
eintrat. Das war in 1502. Unbekannt ist, ob diese Entscheidung mit dem Tod
seines Vaters (der wahrscheinlich im gleichen Jahr gestorben ist), in Zusammenhang stand.
Jedenfalls ist er in die Einschreibungsliste vom Jahre 1502 als "Fr(ater) Georgius (aus) Gemert" eingetragen worden.
Zu jener Zeit war Frater Georgius, genau wie die anderen Brüder, als Abschreiber, Binder und Illustrator von mittelalterlichen Büchern tätig. Auch betreute er Schüler der Kapittelschule. In seiner Freizeit studierte Frater Georgius Lateinisch, Griechisch, Mathematik, Musik und sogar Hebräisch. Er wurde Lehrer in derselben Schule, in der er selbst Unterricht genossen hatte. Auch hat er zu jener Zeit mit seiner schriftstellerischen Arbeit angefangen. Im Jahre 1537 würde er im Vorwort seiner Tragödie "Asotus" schreiben: "In meiner Jugend habe ich damals das Evangeliendrama Asotus, den Verlorenen Sohn, geschrieben. Das war das erste meiner dramatischen Werke. Ich habe den Text, den ich schon vor fast dreißig Jahren als ungeeignet zur Seite gelegt hatte, wieder zum Vorschein geholt..."
Macropedius war also kaum zwanzig Jahre alt, als er in Herzogenbusch sein erstes Schauspiel geschrieben hatte! Einige Jahre später wurde der Lehrer Priester geweiht. Wahrscheinlich war er der beste Lehrer der Gemeinschaft der Brüder vom Gemeinsamen Leben in Herzogenbusch, denn, als im Jahre 1525 die von seiner Klostergemeinschaft in 1496 gegründete Schule in Lüttich eine Reorganisation bedurfte, war es Frater Georgius der nach Lüttich geschickt wurde.
Lüttich, Gemert und Herzogenbusch
Mittlerweile nannte Joris van Lanckvelt, Frater Georgius, sich Georgius
Macropedius. Im sechzehnten Jahrhundert war es nämlich im Kreise der Humanisten üblich, seinen Namen ins Lateinische oder Griechische zu übersetzen. Auf Griechisch heißt "Lang" makros und "velt" heißt pedion. Lanckvelt
wurde also Macropedius.
In Lüttich war Georgius Macropedius einige Jahre Rektor der Schule der Brüder vom Gemeinsamen Leben. (Einer der Schüler dieser Sankt Hieronymusschule war der später sehr berühmte deutsche reformatorische Pädagoge und Humanist Johannes Sturm, der in Straßburg ein Gymnasium gegründet hat.)
Macropedius arbeitete einige Jahre in Lüttich als Schulleiter, studierte und setzte
seine schriftstellerische Arbeit fort. Seine Schule wuchs und wurde die größte der
Niederlande. Laut Zeitgenossen besuchten mehr als tausend Schüler die
Hieronymusschule.
Diese Schule hatte nach dem Muster der Schule von Herzogenbusch anfangs sieben Klassen, nur hatte man als selecta eine achte Klasse hinzugefügt, in der man Lesen, Schreiben, Deklinieren und Konjugieren unterrichtete. In der siebenten und sechsten Klasse behandelte man Teile der lateinischen Grammatik. In der fünften und vierten wechselte man zum Griechischen über. Die dritte Klasse setzte die Dialektik fort und fügte die Rhetorik hinzu. In der zweiten Klasse lernte man Aristoteles und Plato kennen, sowie Elemente der Mathematik und der Rechtswissenschaft. Man übte in freie Kompositionen, Deklamationen und Disputationen.Die erste Klasse ließ die Theologie über, setzte aber jene Übungen noch fort. In der beiden obersten Klassen hatte jedes Fach seinen eigenen Lehrer, in den übrigen besorgte je ein Lehrer den ganzen Unterricht.
Die Hieronymusschule in Lüttich galt am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts
als die beste aller Brüderschulen. [aus ihr wurde später die Universität von Lüttich
gegründet.]
Macropedius schrieb über seine dortige Schule:
In Lüttich aber hat Macropedius auch erlebt wie die katholische Inquisition gegen
die Reformation aktiv wurde und in 1528 einen mit dem Protestantismus
sympathisierenden französischen Priester auf dem Scheiterhaufen verbrennen ließ.
Ein oder zwei Jahre später war Macropedius wieder in Herzogenbusch. Dort veröffentlichte er dann in 1530 eine Grammatik der griechischen Sprache. Einige Monate
später erreichte ihm die Nachricht, daß seine Mutter Hadewich van Lanckvelt in
Gemert gestorben war. Er reiste in seinen Geburtsort und bestätigte am 3. Oktober
1531 vor dem Gemertschen Schöffengericht das Testament seiner gestorbenen
Mutter:
"Dat voer ons comen is broder Joris, Willem Jan Truyens ende met hem Cornelia,
syn wittighe suster..."
Utrecht Utrecht war zu jener Zeit mit etwa zwölftausend Einwohner die größte Stadt der
nördlichen Niederlande. Einige Jahre vor der Ankunft von Macropedius in Utrecht
war Hendrik van Bommel Rektor der Hieronymusschule. Sein Buch "Summa der
godliker schrifturen" ("Summa der göttlichen Schriften") wurde in 1524 das erste
in den Niederlanden verbotene Buch und Hendrik van Bommel selbst wurde entlassen.
(Er siedelte nach Wesel im Herzogtum Kleve um.) Und ein seiner Schüler, der Priester
Jan de Bakker, wurde in 1525 in Den Haag verbrannt und war somit der erste Märtyrer
der Reformation in den Niederlanden. Auch van Bommels Nachfolger, Hinne Rode,
war der Reformation wohlgesinnt und hatte Kontakte mit Luther. Er wurde ebenfalls
zusammen mit verschiedenen anderen Lehrern der Hieronymusschule im Jahre
1527 entlassen. In diesem Jahr wurde in Utrecht einen Ablaß von vierzig Tagen denjenigen gewährt,
die den Brüdern vom Gemeinsamen Leben Bücher zum Abschreiben, Binden und
Verzieren übergeben würden, wie auch denjenigen, die ihre Schule fleißig besuchen,
den Lehrern Gehorsam zeigen und aus Liebe zur Wahrheit und Tugend die
Vergehungen der Schüler dem Rektor anzeigen würden !
(Ich frage mich, wie man etwas Derartiges heute organisieren könnte ?)
Im Jahre 1528 wurde der Bischof von Utrecht - wegen seines schlecht ausgehenden
Krieges mit dem Herzog von Gelderland - mehr oder weniger gezwungen sich der
Macht Karls des Fünften anzuschließen. In diesem Jahr wurde der Kaiser also Herr
der Stadt und künftig wurde die Stadtverwaltung von ihm persönlich ernannt. Auch
baute Karl am Rande der Stadt eine Zwangsburg. Das - mit sarkastischem Humor
von den Utrechtern "Friedensburg" genannte Gebäude wurde in 1532 fertiggestellt.
Inzwischen war Macropedius also nach Utrecht versetzt worden.
Die Stadt Utrecht und die Utrechter Hieronymusschule befanden sich damals in
einer Krise. Eine gewisse Toleranz blieb, aber es gab keine Klarheit über deren
Grenzen. (Später wird auch Macropedius, der seiner Römisch-Katholischen Kirche
treu bleiben wollte, von seinen Gegnern eine reformatorische Gesinnung
vorgeworfen werden.) Es ist nicht völlig unklar warum Macropedius nach Utrecht
bestellt wurde. Die städtische Schule bedurfte einer Reorganisation. Die
Hieronymusschule galt damals als die berümteste Schule der nördlichen Niederlande.
Sehr viele Schüler, aus allen Teilen des Landes kamen zu dieser Schule. Man lernte
dort genau wie in Herzogenbusch und Lüttich Lateinisch, Griechisch, Musik,
Mathematik, Rhetorik, usw.
Am Anfang war Macropedius in Utrecht wahrscheinlich Lehrer für die jüngeren Schüler.
Um 1540 war er Lehrer der Prima oder Sekunda und Rektor der Hieronymusschule.
In den Vorworten zu seinen Schulbüchern, Tragödien und Komödien läßt sich Einiges
über seine Erziehungsweise und seine Bildungsideale herausfinden. Er schreibt
seinen Schüler u.A.:
Wendet Euch ab vom Nichtstun, von Nichtigkeiten und ungefügigen Spielen.
Gedenke auch - außer deiner lateinischen Bildung - was Ihr an ihren Eltern
und Schulmeistern verpflichtet seid. Der Umgang mit Taugenichtsen soll von
Euch vermieden werden wie die Pest !
Und: Macropedius baute in Utrecht Musikinstrumente, u.A. Orgeln. Jedes Jahr dichtete
er ein lateinisches Schullied und er komponierte selbst die Musik dazu.
Auch für die Stadtverwaltung dichtete er einige lateinische Verse. Neben lateinische und
griechische Schulbücher dichtete er auch noch zwölf Komödien und Tragödien.
II. Teil. VERFASSER VON SCHULBÜCHERN
Macropedius war sehr bemüht bessere Schulbücher statt die aus dem Mittelalter
überlieferten einzuführen. Schon in 1530 veröffentlichte Macropedius in
Herzogenbusch seine griechische Grammatik Graecarum Institutionum Rudimenta.
Die erste Auflage dieses Schulbuches war - laut seinen Kollegen - viel zu umständlich.
Die verfügbare Zeit reichte gar nicht aus das Buch völlig zu studieren. Danach hat
er das Buch einkürzen müssen. In den folgenden Jahren veröffentlichte Macropedius
sieben verschiedene Schulbücher die hauptsächlich in Herzogenbusch, Utrecht,
Antwerpen, aber auch in Paris, Köln und Basel gedruckt wurden.
Graecarum institutionum rudimenta
Eine griechische Grammatik
Herzogenbusch, 1530, 1535,
Paris 1554, Antwerpen 1571 Syntaxeos praecepta
Lehrbuch der lateinischen Syntax für fortgeschrittene Schüler
Herzogenbusch 1538, 1551, Utrecht 1543
Simplex disserendi ratio Logik für die oberen Klassen
Herzogenbusch 1536, 1549 Fundamentum scholasticorum
Grundregeln des Lateinunterrichts
Utrecht 1538, Antwerpen 1552 Institutiones grammaticae
Lateinische Grammatik für fortgeschrittene Schüler
Herzogenbusch 1538, 1550 Prosoedia
Lateinische Verslehre
Utrecht 1541, Antwerpen 1550, Köln 1562 Kalendarius
Lehrbuch über Kalender und Mathematik
Utrecht 1541. 1554. 1574, Basel 1591 Sein am meisten gedrucktes Buch ist die Epistolica, ein Lehrbuch für Rhetorik
und die Kunst des Briefschreibens.
Epistolica
Antwerpen 1543, 1546, 1550, 1551, 1556, 1559, 1570, Herzogenbusch 1556, Leiden 1564.
Nach dem Tod des Macropedius wurde dieses Buch im Deutschen Reich und
in England unter dem Titel Methodus de conscribendis epistolis sehr häufig
gedruckt:
Dillingen 1561, 1567, 1574, Basel 1565, Köln 1568, 1570, 1582,
Frankfurt am Main 1568, Antwerpen 1573
London 1580, 1592, 1595, 1614, 1637, 1649 Auch hat Macropedius noch ein Gesangsbuch veröffentlicht:
Hymni et sequentiae
Gesänge für Sonn- und Feiertage
Herzogenbusch 1562 und ein Textbuch mit einer Auswahl aus den Evangelien:
Textus Evangelicarum et apostolicarum lectionum
Texte aus den Episteln und Evangelien Herzogenbusch 1555, 1605, Antwerpen 1576 Seinen größten Ruhm aber dankt Macropedius seinen Tragödien und Lustspielen.
In 1552-1553 wurden alle Tragödien und Komödien in zwei Bänder veröffentlicht.
In 1554 kam an seiner Tätigkeit als Rektor ein Ende. Als kränklicher Greis, von
Gicht geplagt, kehrte Macropedius im Jahre 1556 nach Herzogenbusch zurück.
Im Juli 1558 raffte ein Fieber ihn weg. Er wurde in der Stadt in der Kirche seiner
Genossenschaft begraben. Bei der Ausgrabung des Kanals "de Zuidwillemsvaart"
um 1825 wurden Kirche und Grab entfernt. Auch das Gemälde mit dem Bildnis
von Macropedius ist verschwunden. Was geblieben ist, sind eine Kopie dieses
Gemäldes, seine Schulbücher, seine Lieder und seine Schauspiele.
"Man wird staunen, daß Kinder von sieben Jahren hier schon Lateinisch sprechen
und wenn sie nicht mal vierzehn Jahre alt sind, beherrschen sie diese Sprache
in Prosa und Poesie derartig, daß es scheint als könnten sie mit jedem Redner
und Dichter wetteifern !"
Das war das letzte Mal, daß Macropedius nachweisbar in Gemert war. In 1531 oder
1532 wurde Macropedius - in Folge einer Bitte der dortigen Stadtverwaltung - von
seinem Orden der Bruder vom Gemeinsamen Leben nach Utrecht versetzt.
Wie schon erwähnt, hat Macropedius bereits um 1507, als er erst zwanzig Jahre alt war, in Herzogenbusch mit seiner schriftstellerischen Arbeit angefangen. Das hat er in Lüttich und in Utrecht fortgesetzt.
Sein Lehramt, dem er sich mit großer Gewissenhaftigkeit widmete, ließ ihm wenig Zeit seinen dichterischen Neigungen zu folgen. Das sprach er in mehreren Vorreden und Widmungen seiner Bücher und Tragödien aus. In 1548 wollte er sich völlig der Dichtung widmen. Das wurde ihm aber nicht erlaubt; er sollte Rektor der Hieronymusschule bleiben. Und deshalb hat er meistens in der Nacht schreiben müssen!
Macropedius war, laut deutscher Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts, "der ausgezeichnetste lateinische Dramatiker des 16. Jahrhunderts".
Macropedius war in seiner schriftstellerischen Arbeit eine sehr selbstständige Natur. Die Anregung zum Dichten erhielt er - wie er selbst in der Vorrede zu seiner Komödie 'Rebelles' (Die aufsässige Schüler)' erzählte - durch den Humanisten Johann Reuchlin, der um 1500 in Deutschland die Grundlage des neolateinischen Dramen geschaffen hatte. (Übrigens wurde Reuchlin, der von der Inquisition verurteilt wurde, von Macropedius in 1535 "den Zierat (Schmuck?) unserer Zeit und von Germania" genannt!)
Laut Jacoby in der Allgemeinen Deutschen Biographie hat Macropedius mit Reuchlin die Lebhaftigkeit und Anschaulichkeit, hat er die knappe Sprache im Gegensatz zu der langweiligen Breite der meisten späteren Dramatiker des 16. Jahrhunderts, gemein, so wie die kräftige Führung der Handlung. Er charakterisiert lebendig und hat einen scharfen Blick für die Gestalten des bürgerlichen und wirklichen Lebens.
Macropedius behandelte biblisch-historische und erfundene Stoffe, die letzteren mit bestimmten pädagogischen Tendenzen: gegen eine falsche Erziehung und eine früh verdorbene Jugend!
Rebelles und Petriscus sind Schuldramen über Schule, Schüler, Lehrer und Eltern.
In Rebelles werden zwei verzogene Muttersöhnchen zu einem 'milderen' Lehrer
gebracht. Zwei Teufel freuen sich über die Torheit der Mütter. Der neue Lehrer aber
bestraft die Taugenichtse. Die Mütter holen ihre Jungen nach Hause zurück. Dann
bekommen sie Geld um sich dem Handel zu widmen. Das Geld aber wird in einer
Kneipe verjubelt. Sie verlangen Mädchen! Sie spielen und verlieren alles. Auf die
Straße geworfen, bestehlen sie einen Bauern. Die Jungen geraten ins Gefängnis.
Am Ende aber entzieht der Lehrer sie der gerichtlichen Todesstrafe, und die Mütter
sind dem Rektor der Schule ewig dankbar! Das Stück wurde in 1535 zuerst in
Herzogenbusch veröffentlicht, zusammen mit Aluta.
Aluta ist ein Possenspiel über eine versoffene Bäuerin.
Die beiden Spiele (Rebelles und Aluta) wurden oftmals gedruckt: in Herzogenbusch (1535, 1539), Köln (1540, 1541, 1552, 1558), Ratzeburg (1546), Nürnberg (1594). Sie wurden zweimal in deutsche Sprache übersetzt, u.A. durch den Schulmeister Simon Roth aus dem Bayerischen Neuöttung. Er hat das Stück auch aufgeführt (1556). Auch in Eger (Cheb) wurde Rebelles aufgefürt (1561).
Andrisca ist ebenfalls ein Possenspiel. Es handelt von zwei schlechten Frauen - eine von ihnen wird 'Priesterhurenweib' genannt - und ihren dummen Männern. Bassarus ist ein Faßnachtspiel. Es handelt von einem schlauen Küster und seinem Betrug an einem filzigen Pfarrer und seiner Freundin, und einem trotzigen Schultheiß.
Biblischer Stoff verarbeitete Macropedius in seinen Tragödien Asotus, Lazarus,
Josephus, Adamus, und Jesus Scholasticus. In Asotus Evangelicus behandelt
Macropedius das Thema des verlohrenen Sohnes. (Das Stück wurde 1565 von den
Studenten im englischen Cambridge und 1566 von den Studenten der Prager
Universität aufgeführt.)
In Lazarus Mendicus wird die Geschichte vom Reichen Mann und dem Bettler Lazarus (aus dem Lukas-Evangelium) erzählt. Josephus ist die alttestamentische Geschichte von Joseph in Egypten und der Begierde von Potifar's Ehefrau Aegla nach ihm. Adamus ist das ausführlichste und am wenigsten gelungene Stück von Macropedius. Hier wird die ganze Geschichte des Alten Testamentes aufgeführt. In Jesus Scholasticus wird Jezus als zwölfjäriger Knabe gezeigt.
Hypomone ist eine Allegorie. Die Geduld und die Schrift werden nach der Erde geschickt damit die armen und kranken Menschen getröstet werden. Am Ende werden alle Wünsche erfüllt, nur die armen Kinder der Hieronymusschule bleiben arm. Geistig sind sie aber reich geworden. Auch Hecastus ist eine Allegorie.
O (1556)
In 1539 erschien das berühmteste Meisterwerk des Macropedius: Hecastus ('Jedermann'). Es war die lateinische Bearbeitung des niederländischen Spiel Elckerlik von Pieter van Diest. Der reiche junge Mann Hecastus wird von Jedermann verlassen, wenn er sterben muß. Keiner mag ihn begleiten. Tugend und Glaube kämpfen für seine Rettung gegen den Teufel und den Tod. Die Moral ist, daß Jedermann durch seinen Glauben gerettet werden kann. Der katholische Dichter Macropedius wollte hier zeigen wie ein Mensch, der nach einem verbrecherischen Leben plötzlich von Todesfurcht überfallen ist, zu behandeln sei.
Das Stück wurde 1539 in Antwerpen von Michael Hillen und in Köln von dem
Buchhändler Johann Gymnich gedruckt. Es fand, besonders bei den protestantischen
Dichtern, Beifall und wurde oft gedruckt und übersetzt. Bekannt sind Drucke aus
Köln, Antwerpen, Basel, Dortmund, Utrecht, Frankfurt am Main und Straßburg.
'Hecastus' wurde in die deutsche Sprache übersetzt, u.A. von dem bekannten deutschen Dichter Hans Sachs aus Nürnberg, von Spangenberg, von Rebenstock und Saur. Es wurde auch ins Dänische und ins Schwedische übersetzt und hatte einen Riesenerfolg. Nachweisbar wurde 'Hecastus' aufgeführt in Utrecht (1538, 1539), in Nürnberg (1549, 1550), Herzogenbusch (1557), Königsberg (1563, 1564), Basel (1566), Annaberg (1569), Prag (1570/1571), Danzig (157 4), Nördlingen (1578), Trautenau (1579), Soloturn (um 1585), Frankenstein (1590), Schmalkalden (1595), München (1609) und Dresden (1646).
"Um sein Andenken als dramatischen Dichter haben sich die Landsleute des Macropedius nicht eben sehr gekümmert", schrieb Daniel Jacoby in der Allgemeinen Deutschen Biographie. Das war vor mehr als hundert Jahren.
In 1972 erschien in New-York ein Buch über ihn in der World Authors Series (Serie 'Autore der Weltliteratur').
In den letzten dreißig Jahre ist vieles über Macropedius veröffentlicht. Seine Komödien und Dramen wurden wieder gedruckt und aufgeführt.
In seinem Geburtsort Gemert aber haben sich neuerdings einige sehr intelligente Leute überlegt, daß es besser wäre, wenn unsere Schule einen anderen Namen bekommen würde.
Nächstes Jahr wird das Macropedius-college also nicht mehr existieren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.